Einkaufen im Supermarkt finde ich meistens entspannend - und darüber
hinaus kann es bisweilen auch interessant bis amüsant sein.
Meist sorge ich allein für das Heranschaffen der Verpflegung im Hause
D. Wenn hin und wieder mein angetrauter Ehemann mich darin
unterstützt, dann kann ich tatsächlich davon profitieren. Er ist in
der Lage, nach meinen Ansagen vom Einkaufszettel selbstständig die
richtigen Regale mit den gewünschten Produkten zu finden und das
Benötigte in den Einkaufswagen zu legen, während ich bereits zwei
Reihen weiter Ausschau nach leckeren Sonderangeboten halte. Ebenso
verfügt er über die Fähigkeit, durch Mitdenken und entsprechende
Vorschläge die Einkaufsliste um praktische Dinge zu erweitern, die
man immer im Vorrat haben sollte. Und man glaubt es kaum, er schiebt
freiwillig den voll beladenen Wagen zur Kasse und übernimmt dort das
Aus- und Einpacken, so dass ich meistens untätig warten muss, bis es
ans Bezahlen geht. Das ist dann meine Sache, so haben wir das
aufgeteilt.
Meinen letzten Beobachtungen zufolge gibt es jedoch genügend Männer,
die einen Ausspruch von David Ben Gurion allzu wörtlich nehmen. Als
er sagte: "Die Frau ist das Kamel, das uns hilft, die Wüste des
Lebens zu durchqueren", dachte er gewiss nicht an die beschwerliche
Durchquerung einer Supermarktwüste.
Das Paar Eins entdeckte ich zwischen Käse und Wurst. Sie schob ächzend
die bereits gut gefüllte Einkaufskarre durch die Gänge, hielt an,
hechtete zum Regal, lud etwas in den Wagen, rollte weiter, immer
hektisch den Einkaufszettel studierend, während er gelangweilt nebenherschlenderte und sie mit keinen Handgriff unterstützte. Kein
Wunder, er hatte ja auch seine Hände in den Hosentaschen versenkt.
Paar Zwei überholte ich am Konservendosengang. Auch hier war sie wieder
die Wagenschieberin, er trug immerhin das Kleinkind auf dem Arm. Im
Schneckentempo bewegten sie sich den Hauptgang entlang und im
Vorübergehen hörte ich, wie er sehr gelassen die Feststellung: "Du, wir brauchen auch noch Fondor"
fallen ließ. Sie war zumindest
rhetorisch geschickt und antwortete ihm: "Dann musst du eben dorthin
gehen und Fondor holen!" Richtig so, erklär ihm, dass das Gewürz
nicht auf Zuruf in den Wagen geflogen kommt, dachte ich mir. Leider
versäumte ich es, die weitere Entwicklung zu beobachten und weiß
daher nicht, ob die Frau konsequent geblieben ist oder doch noch
selbst zum Gewürz geeilt ist.
Auf Paar Nummer Drei stieß ich an der Kasse. Auch hier konnte ich die
klassische Rollenverteilung studieren. Die Frau wuchtete alle
Lebensmittel aus dem Einkaufswagen auf das Band, während der Mann
geduldig wartend hinter ihr stand. Den leeren Wagen schob sie an der
Kasse vorbei, damit sie ihn auf der anderen Seite wieder beladen
konnte. Der Mann, offensichtlich schon übermüdet von der
anstrengenden Einkaufstour, lehnte mit lang ausgestreckten Beinen neben
der Kasse an der Wand. Immerhin, das konnte ich erkennen, hatte auch
er schwer zu tragen, denn in der linken Hand hielt er ein Bündel
Geldscheine. Als ich meinen Wagen ein Stück nach vorne schob, um an
das Band zu kommen, wäre ich um ein Haar über seine Füße gerollt.
Doch er musste schon sehr erschöpft sein, denn er bewegte sich keinen
unnötigen Zentimeter zur Seite. Endlich hatte seine Frau alles
eingepackt und er konnte sich der verantwortungsvollen Tätigkeit des
Bezahlens widmen. Wie gut, dass er nun die Geldscheine losgeworden
war, denn nur so schaffte er es vermutlich, hinter seiner
Einkaufswagen schiebenden Frau das letzte Stück Weg zum Auto
zurückzulegen.
(Mai 2005)

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