TextWald
 







 


König Tominos Töchter

Der alte König lief unruhig im großen Saal seines Schlosses hin und her. Er dachte nach. Plötzlich dröhnte von draußen der Lärm eines lauten Motorrads durch das geöffnete Fenster.
„Ruhe da draußen!“, rief er.
Aber der Lärm hörte nicht auf. Kein Wunder, bei diesem Krach hatte wohl keiner sein Rufen gehört. Er brauchte Ruhe zum Nachdenken. Er ging zum Fenster hinüber und schaute hinaus. Das hatte er sich doch gedacht: Prinzessin Lissine drehte wieder einmal auf dem Hof des Schlosses ihre Runden auf dem neuen Motorrad. König Tomino schüttelte den Kopf. Warum war sie immer so wild? Wie war er nur zu so einer Tochter gekommen?

Er hatte sich damals so gefreut, als seine beiden Töchter geboren wurden. Zwillinge waren es, Lissine und ihre Schwester Monisha. Fast zwanzig Jahre war das jetzt her. Er erinnerte sich noch gut, als er seine Frau Bukeda das erste Mal mit den Beiden im Arm gesehen hatte. Sie waren so winzig gewesen! Aber schnell wurden sie größer und brachten viel Leben in das Schloss Lingrick auf dem Hügel. Lissine war damals klein und zart, Monisha dagegen kräftig gebaut, sogar schon ein bisschen pummelig. Drei Jahre vergingen, und er und seine Frau wünschten sich noch einen Sohn. Dann aber wurde seine Frau sehr krank. Es war ein sehr, sehr kalter Winter und das Schloss mit seinen riesigen Räumen konnte kaum beheizt werden. Sie bekam eine Lungenentzündung und hohes Fieber. Der Hofarzt kam jeden Tag und gab ihr Medizin, aber es wurde schlimmer und schlimmer. Dann war sie gestorben und Tomino musste sich nun allein um seine Töchter kümmern. Die Einzige, die ihm dabei half, war seine alte Haushälterin Teodora.

Die Mädchen wuchsen heran. Lissine war in den Jahren groß und kräftig geworden. Sie redete gern und viel und lachte immer laut. Am liebsten war sie draußen. Sie schwänzte oft die Schule und besuchte lieber die Pferde auf der Weide. Viele Stunden verbrachte sie im Pferdestall und die Stallburschen waren ihre liebsten Freunde. Monisha hingegen hielt sich am liebsten im Schloss auf. Sie saß in ihrem Turmzimmer und spielte mit den Puppen. In der Schule war sie immer fleißig und eine der besten Schülerinnen. Schon früh verbrachte Monisha viel Zeit bei Teodora in der Küche und schon früh lernte sie Kochen. Tomino war sehr stolz auf sie.
Tomino wunderte sich oft, wie unterschiedlich seine Töchter doch waren. Sorgen machte er sich um Lissine, die ihm gar nicht gehorchte und ihn immer nur auslachte, wenn er sie ermahnte. Dann sagte sie nur „Tschüs, Tompapa, lass dir keine grauen Haare wachsen“, und verschwand wieder nach draußen.

Als seine Töchter fünfzehn Jahre alt wurden, stellte Tomino fest, dass er nicht mehr genug Geld für Geburtstagsgeschenke hatte. Monisha war zwar wie immer bescheiden und wünschte sich nur ein Buch, aber Lissine wollte unbedingt ein eigenes Reitpferd haben.
„Alle meine Freundinnen haben schon eins, nur ich nicht!“, hatte sie eines Tages verärgert gerufen.

Zum Leben hatte das Geld bisher immer noch gereicht, aber als Tomino dann wieder einmal seine Ersparnisse nachzählen wollte, sah er, dass nur noch eine Handvoll Münzen da waren. Sein Großvater und sein Vater hatten früher auf dem Schloss Pferde gezüchtet und verkauft, aber damit konnte man irgendwann kaum noch Geld verdienen. So war er also in die große Stadt gefahren und hatte sich nach einem neuen Beruf umgeschaut. Er musste schließlich seine Familie ernähren und das Schloss musste auch dringend renoviert werden. In der Stadt traf er einen befreundeten Schlossbesitzer von dem Landgut auf der anderen Seite des Flusses. Der war mittlerweile ein erfolgreicher Geschäftsmann geworden. Er erzählte Tomino von seiner Idee:
Seit vielen Jahren gab es schon das so genannte Fernsehen. Bunte Bilder von irgendwo aus dem Land konnte man nun in einem großen schwarzen Kasten auch zu Hause im Wohnzimmer sehen. Und einige Leute machten auch schon etwas, was man Filme nannte. Das waren richtige Geschichten oder Romane. Die brauchte man aber nicht mehr zu lesen, sondern konnte sie in diesem Gerät anschauen. Das sah fast so echt aus wie früher, wenn die Schauspielleute in das Schloss kamen und im Hof ein Theaterstück aufführten. Um die Bilder in dem Gerät sehen zu können, musste allerdings jeder eine Menge merkwürdiger Drahtgestelle auf dem Dach seines Hauses aufbauen. Antenne nannte man das. Diese Antennen hielten aber nicht besonders gut. Wenn ein heftiger Sturm kam, knickten sie oft um oder fielen vom Dach. Da hatte der Geschäftsmann die Idee gehabt, an einer Stelle eine sehr, sehr große und stabile Antenne aufzubauen. Von dort aus wollte er Verbindungsschnüre zu allen Häusern legen. Die Leute in der Stadt wollten alle diese Schnüre – oder besser gesagt Kabel – zu ihren Häusern haben. Viel zu oft waren diese dummen Antennen schon Fußgängern auf den Kopf gefallen oder hatten Beulen in Autodächer gemacht.
Nun hatte der Geschäftsmann in der Stadt so viel zu tun, dass er sich gar nicht um die Häuser rundherum auf dem Land kümmern konnte. Er fragte Tomino, ob er das tun könnte. Er hätte zwar viel Arbeit, aber würde auch jeden Monat viel Geld dafür bekommen.
Tomino überlegte kurz und sagte dann: „Ich muss gestehen, ich kenne diese Fernsehgeräte noch nicht. Aber die Leute scheinen sich jetzt mehr dafür zu interessieren als für Pferde. Ich werde dir helfen.“

Damit war das Geschäft perfekt, und Tomino kehrte mit einem voll beladenen Auto nach Hause zurück. Als er im Schlosshof anhielt, kamen alle neugierig aus dem Haus gelaufen. Sogar Lissine hatte den Pferdestall verlassen und war da. Er packte den großen Karton mit dem Fernsehgerät aus und berichtete allen, was er da mitgebracht hatte. Dann holte er die riesige Rolle mit dem Kabel.
„Damit wir die Bilder sehen können, muss ich noch diese Verbindung zwischen unserem Schloss und der Stadt anbringen“, erklärte er. „Ich mache mich gleich an die Arbeit und rufe euch, wenn ich fertig bin.
Es dauerte am Anfang doch länger, als Tomino gedacht hatte. Aber nach zwei Tagen war er fertig und alle bestaunten sein Werk.

Es sprach sich schnell in den benachbarten Schlössern und Bauernhöfen herum, dass es etwas Neues auf Schloss Lingrick zu sehen gab. Jeden Tag standen neugierige Nachbarn vor dem Schlosstor. Tomino führte sie stolz in seinen Wohnraum und zeigte ihnen die bunten, flimmernden Bilder. Sofort wollten die Leute das auch haben und bestellten bei ihm das Gerät mit der Kabelverbindung zur Stadt-Antenne.
Tomino hatte viel zu tun. Jeden Tag fuhr er in die Stadt, holte die Bestellungen ab und brachte sie zu den Leuten. Zwischendurch legte er mit Hilfe seiner Stallburschen die Verbindungen, denn allein konnte er das gar nicht schaffen.
Am Abend saß er zufrieden vor seinem Kamin und schaute sich die Filme aus der ganzen Welt an. Er war sehr froh, genug Geld zu verdienen, damit es seinen Töchtern gut gehen konnte.

So lebten sie viele Monate zufrieden und glücklich. Doch dann klopfte es an einem stürmischen und regnerischen Abend an das Schlosstor.
„Wer mag das nur sein, so spät am Abend?“, fragte Tomino.
Aber auch die Haushälterin Teodora hatte keine Ahnung. „Ich schaue mal nach“, sagte sie, legte sich den Regenmantel über und verschwand nach draußen.
Ein paar Minuten später stand sie wieder in der Halle des Schlosses, hinter ihr waren zwei Gestalten zu sehen.
„Schaut, Herr Tomino, wen ich mitgebracht habe“, rief sie ihm zu.
Tomino betrachtete mit Erstaunen eine alte Frau und ein junges Mädchen, die hinter Teodora hervortraten.
„Guten Abend, wer seid ihr?“, fragte er.
„Guten Abend, König Tomino, entschuldigen Sie bitte die späte Störung“, sagte die alte Frau.
„Ich bin Benedikta, die Mutter von Gwendolyn vom Tannenwald. Sie erinnern sich doch sicherlich an meine Tochter?“
Tomino erschrak etwas. Ja, er erinnerte sich. Er hatte Gwendolyn bei einem Reitturnier kennen gelernt und sich in sie verliebt. Er hatte sie zu Schloss Tannenwald begleitet und war dort vier Wochen geblieben. Er wollte sie damals heiraten, aber Gwendolyn musste wieder nach England zurück und dort ihre Reitausbildung beenden. Danach hatte er nie wieder von ihr gehört. Auf seine Briefe hatte sie ihm nicht geantwortet. Ein Jahr später hatte er dann Bukeda geheiratet.
„Und dies hier“, fuhr Benedikta fort, „ist Juliet, meine Enkelin.“ Mit diesen Worten schob sie das Mädchen mit den langen braunen Locken nach vorn.
„Juliet ist die Tochter von Gwendolyn?“, fragte Tomino.
„Richtig, und sie ist auch Ihr Kind. Sie sind der Vater.“
Tomino war sprachlos. Er hatte noch eine Tochter? Warum hatte Gwendolyn ihm das nie gesagt?
„Wie geht es Gwendolyn?“, fragte er.
Benedikta schaute ihn traurig an. „Gwendolyn ist vor zwei Monaten gestorben. Und ich bin zu alt, um für Juliet zu sorgen. Kann sie bei Ihnen bleiben?“
Tomino legte seine Stirn in Falten und überlegte. Warum eigentlich nicht, dachte er. Das Schloss ist groß genug, ich verdiene viel Geld und meine Töchter hätten dann noch eine Schwester.
„In Ordnung“, antwortete er, „herzlich willkommen in deinem neuen Zuhause, Juliet.“
Juliet schaute ihn schweigend mit ihren großen grünen Augen an. Dann lächelte sie vorsichtig.
So war also Juliet bei ihnen eingezogen. Leider waren Lissine und Monisha nicht besonders begeistert über den Familienzuwachs. Monisha schaute sie zwar immer neugierig an, aber sie redete nicht viel mit Juliet. Und Lissine schien sie richtig zu hassen. Wenn sie auf dem Sofa vor dem Fernseher lag, rief sie nach Juliet und befahl ihr, etwas zu trinken oder zu essen zu bringen. Sie machte Witze über sie und jagte sie über den Schlosshof.
Juliet schwieg und schaute nur traurig aus ihren großen grünen Augen. Die meiste Zeit saß sie allein in ihrem Zimmer und schaute aus dem Fenster.
Tomino überlegte und überlegte. Aber ihm fiel nichts ein, was er tun könnte, um sie aufzuheitern. Und meistens hatte er auch so viel Arbeit, dass er gar nicht nachdenken konnte.

Fast fünf Jahre waren vergangen, seit Juliet eingezogen war. Die Mädchen waren nun schon erwachsen und groß genug, um selbstständig zu sein. Aber sie wollten wohl alle im Schloss bleiben, weil es so bequem für sie war. Tomino fand das gar nicht so gut. Er wurde langsam alt und wollte seine Ruhe haben. Mit Monisha hatte er kein Problem. Sie war ein liebes nettes Mädchen, sah immer ordentlich aus und trug immer hübsche Kleider. Aber mit Lissine war es sehr schwierig. Sie hörte laute Musik und spielte auch selbst Gitarre in einer Rockband. Seit neuestem hatte sie ein Motorrad. Die Pferde waren ihr zu langweilig geworden. Mit dem Motorrad drehte sie ständig ihre Runden im Schlosshof und es machte einen Höllenlärm. Sie sah wild aus mit ihren kurzen Stoppelhaaren, den engen Jeans und der Lederjacke. Gar nicht so, wie es sich Tomino gewünscht hätte. Am schlimmsten aber war, dass sie sich laufend mit Juliet stritt. Juliet schloss sich deswegen meistens in ihrem Zimmer ein und kam nur zum Essen herunter.
Eines Tages hatte Tomino eine Idee. Juliet war nun schon zweiundzwanzig Jahre alt – alt genug, um zu heiraten und in ein eigenes Haus zu ziehen. Also machte er sich auf die Suche nach einem passenden Mann für Juliet.
In seinem Beruf kam er nun viel im Land herum und überall erzählte er von seinen drei Töchtern. Besonders schwärmte er von der schönen Juliet. Vielen jungen Männern gefiel das Foto von Juliet. Tomino lud diese Männer auf sein Schloss ein und hoffte, dass der Richtige für Juliet dabei sein würde. Aber sie wollte die Männer gar nicht sehen, und so fuhren sie alle wieder weg. Tomino war ganz verzweifelt und wusste gar nicht mehr, was er tun sollte.

Auch Lissine hatte sich überlegt, dass Juliet besser heiraten und ausziehen sollte. So kam es, dass sie eines Tages ihrem Vater Tomino von einem jungen Mann erzählte.
„Tompapa, ich habe da jemanden kennen gelernt“, sagte sie.
Tomino wurde neugierig. Hatte Lissine etwa einen Freund?
„Der wäre vielleicht der richtige Mann für Juliet“, fuhr sie fort.
„Wer ist es denn?“, fragte Tomino sehr interessiert.
„Den kennst du bestimmt nicht, er kommt ziemlich weit aus dem Norden“, sagte Lissine. „Er heißt Prinz Mikado vom Schneefelsen.“
„Und was macht er hier in der Gegend?“, fragte Tomino.
„Er hat hier sein neues Auto abgeholt, einen schicken roten Flitzer. Bei der ersten Probefahrt hat er beinahe mein schönes Motorrad angefahren.“ Lissine lachte. „Zur Entschuldigung hat er mich zum Kaffee eingeladen.“
„Hm“, machte Tomino nachdenklich, „vielleicht kannst du ihn einmal hierher einladen?“
„Geht klar“, sagte Lissine, „ich bringe ihn morgen mit. Du musst nur dafür sorgen, dass Juliet aus ihrem Zimmer kommt.“

Am nächsten Tag klopfte Tomino an Juliets Tür.
„Herein“, sagte Juliet.
Tomino betrat das Zimmer. Erstaunt blickte er sich um. Er war noch nie hier drin gewesen. An den Wänden hingen jede Menge Poster von Rock- und Popsängern. In der Ecke stand eine Gitarre und vor dem Fenster sah er so ein neumodisches Keyboard. Früher spielten die Mädchen Klavier, dachte er bei sich. Auf dem Tisch in der Mitte des Zimmers lagen viele mit Noten und Text bekritzelte Blätter.
„Interessiert du dich für Musik?“, fragte er erstaunt.
„Ein wenig“, antwortete Juliet, „ich schreibe auch Musikstücke und Texte.“
„Aha“, sagte Tomino. Er stellte fest, dass er sehr wenig von seinen Töchtern wusste.
„Juliet, ich habe eine Bitte. Ich bekomme heute Nachmittag sehr wichtigen Besuch und ich bitte euch alle, beim Kaffeetrinken dabei zu sein.“
„Ja, ist gut“, sagte Juliet.
Dann ging Tomino wieder nach unten.

Um fünfzehn Uhr nachmittags hörte er Lissines Motorrad in den Schlosshof fahren. Er schaute aus dem Fenster. Hinter ihr bog ein flaches rotes Auto ein. Es hielt vor der Treppe und ein junger Mann mit einer langen rotblonden Mähne stieg aus. Das musste Prinz Mikado sein.
Tomino begrüßte den Prinzen, der zusammen mit Lissine die Schlosshalle betrat. Mikado sah zwar etwas wild aus mit seinen langen Haaren, aber er war sehr schick und modisch angezogen. Außerdem schien er ein sehr fröhlicher Mensch zu sein.
Dann kamen Monisha und Juliet dazu. Tomino stellte seine Töchter vor. Mikado begrüßte zuerst Juliet und lächelte sie an. Tomino war schon ganz erfreut. Dann wandte sich Mikado zu Monisha. Als er sie ansah, fingen seine Augen an zu leuchten. Er konnte gar nicht mehr von ihr wegschauen. Als sie alle zusammen am Kaffeetisch saßen, bemerkte Tomino, dass auch Monisha ständig zu Mikado hinüber sah.
Nachdem sie Kaffee getrunken und Kuchen gegessen hatten, räumten Juliet und Monisha das Geschirr in die Küche.
Auf dem Weg dorthin flüsterte Monisha Juliet zu: „Du, der sieht aus wie der Typ von der Wurstwerbung – du weißt schon, die mit der Mühle. Total süß!“
„Du schaust eindeutig zu viel Fernsehen“, grinste Juliet, „also mein Fall ist der nicht.“
Nachdem sich Mikado verabschiedet hatte, schaute Monisha noch lange Zeit verträumt aus dem Fenster.

Am nächsten Tag hupte plötzlich und unerwartet ein Auto auf dem Schlosshof. Alle schauten aus den Fenstern. Es war Mikado! Und er kam, um Monisha abzuholen und mit ihr einen Ausflug in die Stadt zu machen.
Tomino schauten den Beiden nach, als sie in dem glänzenden roten Auto wegfuhren. Das hatte er nun von seiner tollen Idee! Da kam endlich einer und holte dann die falsche Tochter!
In den folgenden Wochen war Monisha oft mit Mikado unterwegs. Es wurde merkwürdig still im Schloss. Tomino wunderte sich. Lissine und Juliet waren doch noch da. Aber er sah Lissine nur noch selten auf ihrem Motorrad. Und er hörte auch keinen Streit mehr zwischen Lissine und Juliet. Das war alles sehr merkwürdig. Vielleicht hörte er mittlerweile auch schon schlecht, denn er war doch jetzt schon sehr alt.

Drei Monate später wurde die Hochzeit von Monisha und Mikado auf Schloss Lingrick gefeiert. Es waren viele hundert Gäste da, die gesamte Verwandtschaft von Mikado war aus dem kalten Norden des Landes gekommen.
Nach dem köstlichen Essen warteten alle auf die große Hochzeitsüberraschung. Auf der linken Seite des Schlosshofes hatte man eine kleine Bühne aufgebaut. Da – endlich! Der Vorhang bewegte sich und Juliet trat heraus.
„Liebes Hochzeitspaar, liebe Gäste“, sagte sie lächelnd, „hier kommt die Überraschung. Vor allem du, Vater Tomino, wirst erstaunt sein. Vielleicht hast du bemerkt, dass Lissine und ich uns in den letzten Monaten nicht mehr gestritten haben. Wir haben nämlich zufällig festgestellt, dass wir uns beide für Musik interessieren. Und so habe ich ein Lied geschrieben und Lissine mit ihrer Band 'Rocking Cats' wird es jetzt präsentieren. Viel Spaß!“
Der Vorhang öffnete sich und da stand Lissine mit ihrer Rockband. Sie spielten das wunderschöne Hochzeitsgeschenk-Lied, das Juliet geschrieben hatte. Die ganze Hochzeitsgesellschaft war so begeistert, dass sie anschließend noch viel mehr Musik hören wollten.
Juliet hatte sich in der Zwischenzeit wieder zu Tomino gesetzt.
„Vater Tomino, du wirst in der nächsten Zeit viel Ruhe hier in deinem Schloss haben“, sagte sie.
Tomino schaute sie fragend an.
„Lissine und ich haben beschlossen, mit den 'Rocking Cats' zusammen auf Tournee durch das Land zu gehen. Wir haben gemerkt, dass wir ein gutes Team sind und verstehen uns ganz prima.“
Tomino lächelte erfreut. Wie schön, dass nun alle seine Töchter so glücklich waren.
Nach der Hochzeitsfeier saß Tomino zufrieden und glücklich in seinem Schaukelstuhl vor dem Kamin. Er schloss die Augen und ruhte sich aus.

Ein Klappern und Scheppern weckte ihn auf. Er schlug die Augen auf, stand auf und streckte sich. Ah, das Schläfchen hatte gut getan. Und der Platz unter der Heizung so schön warm. Aber was hatte er da nur geträumt? Er war König Tomino mit drei Töchtern und einem Schwiegersohn namens Mikado? Der Gedanke an das leckere Hochzeitsbuffet hatte ihn hungrig gemacht. Er ging in Richtung Küche, wo das Essen auf ihn wartete. Im Vorübergehen warf er einen Blick auf Moni, die ihn mit großen Spiegeleier-Augen von der Sofalehne aus anschaute. Mika gesellte sich zu ihm und lief neben ihm her. Lizzy stand schon im Flur und schaute ihn an. Nur Jule lag wie immer unter dem Bett. Kater Tommi ging zum Fressnapf und stürzte sich als erster auf das leckere Futter. Immerhin war er ja König Tomino und durfte vor den vier anderen Katzen fressen!

(2000)


 


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